Einkaufen


Was bewegt mich bei 29°C und 70% Luftfeuchtigkeit das Verlangen nach einem Käse-Fondue in Bali zu entwickeln. Käse-Fondue das schon die Urschweizer, aber nur in der Winterzeit, genossen haben sollen, wie uns die Werbung der Schweizerischen Milchwirtschaft seit 1981 weiss machen will.


Ja die Japaner auf ihrem 4-tägigen Europatrip essen das in der Schweiz auch mitten im Sommer. Aber ich lasse mich hier in Bali dabei zumindest nicht fotografieren.


Ich scheine mich den hiesigen Gewohnheiten der Expats weitgehend angepasst zu haben. Ich meine die Gewohnheit all das, was es in Bali eigentlich nicht gibt, unbedingt und jetzt und sofort dringendst zu benötigen.


Ganz im Gegensatz zu den Balinesen: die bringen problemlos die Flexibilität auf, auf ein anderes Produkt umzusteigen. z.B. anstelle von Käse-Fondue eben Reis oder Huhn oder eine herrliche Mango.


Oder wenn es denn unbedingt Benzin fürs Fahrzeug sein soll und Benzin, wie so oft, gerade nicht mehr vorrätig ist, so warten sie geduldig, stundenlang oder kommen morgen wieder bei der Tankstelle vorbei. Ganz anders die hier wohnhaften Ausländer: die holen sich den Sprit flaschenweise beim nächsten Strassen-Kiosk zum dreifachen Preis. Und sind dann erstaunt, dass sie anschliessend erst recht stecken bleiben und nur nach dem Reinigen des Vergaser und dem Abpumpen des verunreinigten oder gestreckten Benzins wieder flott sind. Aber bis dann gibt es sowieso wieder reichlich Benzin an den Tankstellen.


Und doch: man erhält fast alles in Bali. Z.B. Elektrokabel mit zwei Adern und einem Drahtquerschnitt, der für eine Klingelanlage gerade noch geeignet ist. Warum es denn 3 Adern sein müssen und ein Querschnitt, der selbst für die Hauptzuleitung eines kleinen Dorfes geeignet wäre, ist für den Verkäufer im Dorfladen eine jener Verrücktheiten, die typisch für die Ausländer ist. Die separate Erdung und ein Drahtquerschnitt, der sich selbst bei Überlast nicht erhitzt, ist nur in Europa notwendig. Dort sind die Sicherheiten der Elektronormen so ausgelegt, dass sie auch ohne Zeremonien und Opfergaben funktionieren.


Natürlich erhält man auch in Bali Europa taugliche Kabel. Sogar jene mit einem Kupferanteil von über 70% und einem schwer entzündbaren Kunststoffmantel und natürlich mit drei Adern.


Nur...man muss wissen wo.


Hunderte von Läden reihen sich den engen Gassen entlang. Die schmale Front ist mit all jenen Artikel verbarrikadiert, die der Laden gleich neben an ebenfalls ausgestellt hat. Innen ein unbeschreibliches Chaos, das sich weit hinten im Dunkeln verliert. Wie gross das Sortiment des Geschäftes ist kann man nicht selbst erkunden. Ein Verkäufer erhält vom Besitzer hinter der Kasse die Anweisung, wo er eine Schachtel heraussuchen und darin nach dem verlangten Artikel kramen soll.


Es gibt inzwischen auch Einkaufscenter. Aber die sind hauptsächlich auf exotische Esswaren (z.B. Käse-Fondue) und Touristen (z. B Schuhgrösse 40 und höher) ausgerichtet. Praktische Dinge findet man dort weniger. Man kommt also nicht darum herum die vielen kleinen unscheinbaren Fachgeschäfte zu kennen, die sich wie ein Nagel dem andern gleichen. Und doch gibt es feine Unterschiede: In diesem Laden gibt es Verbindungsstücke und in jenem Laden die Rohre dazu. In diesem Laden den Drucker, in jenem Laden die Farbpatronen dazu. Hier die Staubbeutel dort den passenden Staubsauger.


Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten Ersatzteile gerade ausverkauft sind. Wann die wieder erhältlich wären wird mit eimem freundlichen Lächeln beantwortet. Oder, falls man den Manager zum Verkaufsgespräch dazu bittet, geduldig damit beantwortet, dass Dichtungen für ¼ Zoll-Rohre schon seit Jahren nicht mehr verkauft wurden. Kunststück, wenn sie nicht im Sortiment sind, denkt man und bedankt sich für die kompetente Auskunft um der sinnlosen Unterhaltung ein balinesisches Ende zu bereiten.


Eine tiefe Freundschaft vorausgesetzt werden Insider Tips gelegentlich weiter gegeben. Und so kommt man im Laufe der Jahre an die wichtigsten Verkaufskanäle. Normalerweise hört man aber Sätze wie: „Ich kann Dir das besorgen“ (mit 30 % Aufschlag wie sich viel später herausstellt) oder aber auch „das bringt mir jeweils ein Freund aus Spanien mit“ oder ganz hinterhältig „ich suche die Adresse raus und sende sie Dir per Mail“. Und wer wollte schon eine aufkeimende Freundschaft damit zerstören, dass er auf Versäumnisse aufmerksam macht.


Einen Tip will ich hier vertraulich und nur an die Freunde meiner Homepage weitergeben: Läden im Besitze von Chinesen sehen genau gleich aus wie jene der Balinesen. Aber das Sortiment ist in der Regel vollständig oder ein spezieller Artikel kann mit Hilfe von Katalogen innert zwei Tagen besorgt werden. Und obwohl Balinesen die all zu tüchtigen Chinesen nicht sonderlich mögen, wenn sie etwas ganz bestimmtes wirklich haben müssen, dann kaufen selbst Balinesen beim Chinesen ein.


Man muss nur wissen wann und wie viel


Abgesehen von Artikeln des täglichen Bedarfs sollte man alles sofort und reichlich kaufen, was gearde angeboten wird und von dem man annimmt, dass man es demnächst oder auch in ein bis zwei Jahren benötigen würde. Seien das (passende!!) Schlauch Verbindungsstücke, Sparlampen (mit einer bestimmten Farbtemperatur), Feuerzeuge (von denen man weiss, dass sie nach 5 maligem Gebrauch noch zünden), 4 mm Steinbohrer (die passenden Dübel sind kein Problem, da immer Vorrätig) oder simple Gummibänder für das zusammenbinden der Notenbündel, die selbst bei kleineren Einkäufen erhebliche Ausmasse annehmen können.


Denn morgen wird der Artikel unwiderruflich ausverkauft sein. Solange bis der Grosist den Einkäufer wieder einmal besucht und ihm diesen aber vermutlich einen anderen Artikel als neuen Renner wieder ins Lager stellt.


Diese Regel gilt nicht für saisonale Artikel. z.B. Notleuchten erhält man jedes Jahr zu beginn der Regenzeit. Auch Schreibstifte sind in grosser Auswahl zu Beginn eines neuen Schuljahres problemlos erhältlich. Ventilatoren erhält man zu Beginn der Trockenzeit und 1 Woche vor dem Neujahrsfest (mit seiner Licht- und Ausgangssperre) erhält man Kerzen in allen Variationen.


Man muss nur wissen zu welchem Preis


In Bali sind gängige Artikel geradezu unglaublich billig. Ein Rasen Sprinkler für 50 Cent, Ein Wasser Hahn für 80 Cent oder ein Feuerzeug für 7 Cent. Finger weg!! Das Zeugs funktioniert 1 bis 2 Tage, dann kauft man die 4 bis 20 mal teurere Ausführung. Die leben bedeutend länger. Bali scheint das Paradies für Ausschuss Ware zu sein. Deren Entsorgung im Ursprungsland käme teurer, als der Export nach Bali zu Schleuderpreisen. Das ist nur möglich weil es in Bali für gar nichts eine Garantie gibt. Man prüft die Ware, so gut es eben geht, im Laden und sobald man die Schwelle überschritten hat ist die Garantie erloschen. Diese Regel gilt immer; auch dann, wenn der Verkäufer mit einem vertrauensvollen Blick eine Garantiezeit von 2 Wochen oder gar 3 Monaten zugesteht. Jede Ausrede ist dann im vermeintlichen Garantiefall gut genug: Da hört man dann z.B.: die Garantie gelte nur solange als das Produkt grundsätzlich funktioniere .... oder .... die Garantie gelte nicht für die elektrischen Teile ....oder.... das müsse der Chef entscheiden (der nicht auf zu treiben ist).


Ach ja, und noch was zum Preis: die Wahrscheinlichkeit, dass man die ersehnte Ware zu einem überteuerten Touristen-Preis kauft (Faktor 2 bis 3) und dabei glaubt man hätte ein gutes Geschäft gemacht, ist in den ersten 2 bis 3 Jahren völlig normal. Und falls man (ganz schlau) einen seiner Staffs zum Einkaufen schickt, so ergeht es einem (meistens) nicht viel besser: sei es weil sich Verkäufer und der beauftragte Käufer den Mehrpreis teilen oder sei es weil der balinesische Käufer seinem Landsmann das gute Geschäft nicht vermiesen will.


Man muss nur wissen was es dazu sonst noch braucht


Ein unübertroffenes Ordnungssystem und. Lagerräume haben wir. Die Regale sind schon ein grösseres Problem, da die beiden Schreiner, die wir kennen, überlastet sind oder gerade infolge Zeremonien keine Arbeit annehmen können. Kisten erhält man vermutlich in 3 Monaten während genau einer Aktions-Woche des Hotelbedarfs-Lieferanten. Nur mein Gedächtnis war noch nie gut aber tendenziell laufend besser dank dem dauernden Training, das ich beim Suchen von Waren in unseren Lagerräumen erhalte.