02.03.2007 Alltag, aber nicht wirklich
Schlaftrunken, so um Mitternacht wanke ich zum WC. Und machte dort das, was man eben bei einer nicht mehr so jungen Blase in der Nacht machen muss. Die Schlaftrunkenheit und auch alles Andere wird jäh unterbrochen. Ein scharf stechender Schmerz in der Fuss-Sohle. Und darunter ein Skorpion.
Nur keine Panik. Von irgend woher habe ich gehört, das sei zwar schmerzhaft aber nicht gefährlich, solange man nicht allergisch reagiere. Ich suche also nach Calcium als Vorbeugung gegen allfällige Allergien. Ich finde nichts. Der Schmerz nimmt zu und wird nun von gelegentlichem Schütteln begleitet.
Vorsichtig wecke ich Thea. Die ist nach dem Schlüsswort „Skorpion“ hellwach.
Sie ruft dem Security. Der versteht „Skorpion“, macht ein ernstes Gesicht, sagt etwas von Spital und eilt davon. Inzwischen organisiert Thea Gehstöcke, Calcium und Ponstan, mustert mein Geschüttel und kämpft kurz mit ihrer Panik.
Ins Spital in Seririt will ich nicht. Halbtot vielleicht, dann könnte nur halb soviel schief gehen. Aber halb tot fühle ich mich noch lange nicht.
Der Hausarzt ist nicht erreichbar. Das Internet sagt, dass gefährliche Skorpione nur in andern (ebenfalls exotischen) Ländern existieren, Bali ist nicht aufgeführt. Kalte Umschläge werden empfohlen (vermutlich falsch), die Symptome werden beschrieben (treffen einigermassen zu) und von schmerzhaft aber nicht lebensbedrohlich ist die Rede.
Thea erreicht unseren Hausarzt in der Schweiz. Dort ist es 7 Stunden früher und noch lange nicht Mitternacht. Hanspeter ist klassisch ausgebildeter und promovierter Arzt, der sich auf Homöopathie spezialisiert hat (einer der Besten !). Er erkundigt sich nach den Symptomen, spricht kurz mit mir (ich scheine bei klarem Verstand zu sein) und verspricht nach Rücksprache mit dem Toxikologischen-Institut zurück zu rufen.
Das Telefon klingelt. Die Mimik von Thea hellt sich etwas auf. Bali-Skorpione seien nicht gefährlich und eine Allergie wäre schon längst manifest geworden. Schmerzmittel und Ponstan, das sei notwendig und OK. Und zusätzlich noch ein homöopatisches Mittel auf der Basis von Bienengift. Und das Tox-Institut empfehle sehr punktuelle, heisse Kompressen, so heiss wie möglich.
An die heissen (punktuellen) Kompressen mag ich nicht mal denken. Der Fuss ist mittlerweile extrem berührungsempfindlich geworden und Berührungen, und erst recht heisse, lehne ich kategorisch ab.
Man scheint sich an Alles mehr oder weniger zu gewöhnen. Auch an den Schmerz. Und so beschliessen wir den Rest der Nacht schlafend zu verbringen.
Den Folgetag verbringe ich an den Stöcken und auf dem Stuhl vor dem Computer (diese Hompage entsteht). Die Staffs machen eine besorgte Miene und bangen vermutlich um ihren Brötchengeber. Bei den Balinesen (zumindestens bei unseren Staffs) gilt ein Skorpionstich als knapp tödlich. Aber ein ätherisches Öl soll das Schlimmste abwenden. Ich lasse es herbei bringen und wende es an. Es riecht ausgezeichnet.
Und am späten Abend (spät für balinesiche Verhältnisse also ca. um 20:00) nehmen die Schmerzen recht rasch ab um dann plötzlich verschwunden zu sein.
Für mich verläuft die zweite Nacht völlig problemlos. Nur um Mitternacht und völlig schlaftrunken schlüpfe ich erstmal in die Strandsandalen um meiner gewohnten, allnächtlichen Beschäftigung im Bad nachzugehen.
Anderntags, Thea hat erwartungsgemäss schlecht geschlafen. Denn jedesmal nach einer extremen Stressituation, während der sie rasch und sicher agiert, kommt anschliessend der psychische Druck mit aller Macht hoch und fordert seine Rechte.
Dass ich bereits wieder auf den Beinen bin ist für unsere Staffs etwas verwunderlich. Aber was solls, werden diese denken, etwas mehr oder weniger an wunderlichen Dingen bei den Ausländern ist nicht weiter erstaunlich.